Montag, 28. November 2005

Tag, Mon-



(Quicktime)

(Real)


Höre „All That You Are“ von The Cinematic Orchestra, höre die Akzente der Streicher, wie Statisten tauchen sie auf, für einen Moment nur sind sie Teil des Geschehens. Sehe mich im Cargo, London, vor vier Jahren, inmitten vieler taumelnder Engländer, die seinerzeit noch auf die Sperrstunde hin tranken und mit dem Rücken zur Band jenseits jeglichen Takts tanzten. Ließ mich nicht von der Bühne vertreiben, nicht von Flaschen, die geworfen wurden, noch von Menschen, die um sich spuckten.
Ganz vorne stehe ich, allein, schaue dem schlaksigen und doch so kraftvoll spielenden Luke Flowers auf die Hände, freue mich über sein Lächeln, sein Lachen vielmehr, beim Spiel, sein Lachen, das manchmal ein klein wenig verkrampft wirkt, weil das Tempo, mit dem er auf Snare, Tom-Tom, Hi-Hat umherwirbelt, ein beachtlich hohes ist. Frage mich, wie der rothaarige Mann an den Turntables wohl heißt, eben noch stand er rauchend draußen vor dem Cargo neben mir, lächelte mich an, ich glaube, es war ein Lächeln wie ein Gruß unter Motorrad-Fahrern, Rothaarig grüßt Rothaarig. Ebenso wahrscheinlich ist, dass dies nur Einbildung ist, ich bilde mir gerne die Existenz von Dingen wie etwa Verbundenheit ein.
Der Sound ist schlecht, die Location wunderschön, das Publikum der widerlichste Haufen Menschen, den ich je bei einem Konzert erlebt habe, The Cinematic Orchestra sind grandios. Zum ersten Mal, lange bevor die Platte erscheint, höre ich ein paar Stücke ihres zweiten Albums „Every day“.
Als ich sie zum zweiten Mal live höre und sehe, im Karlstorbahnhof Heidelberg, kann ich still sitzen und nur das tun, wozu ich da bin, an diesem Ort, zuhören, zusehen, muss nicht Bierflaschen ausweichen oder dem Arm und der Zigarette eines Betrunkenen. Sitze da, sprachlos, atemlos fast, eine kleine Ewigkeit lang, fasziniert davon, wie voll, wie beladen Musik sein kann, die so leicht klingt, so leicht in mein Hirn eindringt, dass ich mir nur eines wünsche: Lasst dieses, lasst jenes Stück nie zu Ende gehen, nie, bitte.
Heute, mit pochendem Hirn und zerrissenem Herzen, mit Sehkraft so schlecht, dass selbst meine Brille mir die 14 Punkt Schrift, auf 150 Prozent hoch gezoomt, nicht lesbar macht, mit einem schmerzenden Unterarm, vom Knöchel bis zum Ellenbogen, einem Arm, den ich nicht auflegen kann, nicht auf den Tisch, nicht auf die freie Fläche unterhalb der Tastatur meines Laptops, ein Unterarm, der mir das Tippen erschwert und mich mit jedem Stechen an meine eigene Dummheit erinnert, zurecht, heute, heute sitze ich da, höre „Diabolus“ (Motion), denke an "Sketches of Spain" von Miles Davis und wünsche mir nichts sehnlicher als zwei Plattenspieler, und hören und sehen und wissen, ob das, was da in meinem Kopf tickt, stimmt, nicht wieder falsch ist, ein Zerrbild der Realität nur, ob wenigstens sie wirklich gut sind, meine Ohren, und vielleicht auch meine Erinnerung, meine Erinnerung an Schönes, an Töne, an Klänge.
Und während ich schreibe und hoffe, hoffe, durch das präzise Denken in ganzen Sätzen, durch das Formulieren von Sätzen, meine Denkkraft, meine Ideen, mein Gedankengut wieder zu bekommen, höre ich „Burn out“.



Dienstag, 22. November 2005

"Like the feather we blow away …"




chriswhit




Chris Whitley ist tot.

(offiziell)







Freitag, 18. November 2005

Reggae & Roots



pat_koeln

Nichts wärmt mehr an einem kalten, grauen Novemberabend als: Rumhüpfen wie ein Teenie. Jumpadelic!
Weil’s im Mai so schön war, heute abend noch einmal:
Patrice, Stahlwerk, Düsseldorf.
Hingehen!

Ein paar schöne, meines Erachtens nach sehr treffende Zeilen über Patrice gibt’s übrigens hier zu lesen.

Montag, 14. November 2005

Sekundenglueck 00:26



masamo

Ds Buch ist da, endlich. Wünsche mir einen novembergrauen Tag lang Zeit, es zu lesen.

Dienstag, 8. November 2005

Pottesk



1. Aufzug, erster Auftritt
Mehrfamilien-Haus, Altbau, Wohnung im dritten Stock, kleiner Balkon zur Straßenseite, die darunter liegende, leer stehende Wohnung hat offenbar einen kleinen Wasserschaden unterhalb dieses Balkons, morgens.

Dachdecker (Ende 40, in Zunft-Kleidung)
„Guten Tag!“
„Tach!“
Dame des Hauses, zögerlich, während er schon den Flur betritt: „Sie wollen sich den Balkon und den Abfluss anschauen?“
„Ja.“
Dame des Hauses geleitet den Herrn auf den Balkon, er guckt in die Ecken, sieht offenbar den Abfluss nicht: „Is hier kein Abfluss oder wat?“
„Doch, da.“
Er, kniet sich hin, stochert mit dem Zollstock auf dem Sieb des Abflusses herum.
“Ist der Abfluss verstopft oder wat?”
“Das weiß ich nicht.”
“Aber öffnen lässt der sich auch nicht oder wat?”
“Das weiß ich auch nicht.”
“Haben Sie `nen Schraubenzieher da?”
“Nein, hier nicht, im Keller. Haben Sie kein Werkzeug dabei?”
“Nee, ich kenn ja die Örtlichkeiten nicht!”
Dame des Hauses wirft ihm einen fragenden Blick zu.
“Im Auto hab ich Werkzeug, aber da muss ich ja noch mal den ganzen Weg die Straße runter laufen. Hier gibbet ja keinen Parkplatz!”
“Ja, müssen Sie dann wohl.”
Handwerker, brummelt, geht, lässt Türe offen stehen. Dame des Hauses schließt Türe.
Fünf Minuten später, Handwerker poltert die Treppe hoch, Dame des Hauses ist nicht schnell genug an der Türe um zu öffnen, Handwerker schlägt mit der Hand gegen die Scheibe der Tür, Dame des Hauses öffnet, er geht brummelnd an ihr vorbei auf den Balkon.
Werkelt am Abfluss herum, ruft in die Wohnung: “Hammwer wat Wasser da?”.
Dame des Hauses, noch nicht des Ruhrpott-Dialekts bis ins letzte Detail mächtig, fragt vorsichtig nach: “Sie brauchen Wasser in einem Behältnis, um den Abfluss durchzuspülen?“
Handwerker, offensichtlich überaus negativ vorbelastet, was das Wort Behältnis anbelangt, schaut böse und fährt Dame des Hauses an: "Irgend wat! Nen Eimer oder watweißich!"
Dame des Hauses geht in die Küche, füllt einen Eimer mit Wasser, reicht ihn dem Dachdecker.
Er, setzt Abfluss und Balkon unter Wasser, sagt: „Dat läuft doch durch! Wat hammse denn da für ein Problem?“
„Ich keines, die Wohnung unter uns, die hat wohl `nen Wasserschaden an der Stelle.“
„Ja, dann geh ich mal da klingeln. Wissen Sie ob jemand da ist?“
„Ganz sicher nicht, die Wohnung steht leer und soll gerade verkauft werden.“
„Na, ich klingele trotzdem mal.“
„Sie können auch gegen die Scheibe in der Tür schlagen, da ist keiner.“
„Sind Sie sicher?“
Dame des Hauses zuckt mit den Schultern.
„Warum hat mir dat denn keiner gesagt?“
„Das weiß ich nicht, ich weiß nicht einmal, wer sie beauftragt hat. Ich ging davon aus, der Besitzer jener Wohnung wäre das gewesen.“
„Nee, die Hausverwaltung. Die ham gesagt, sie hamn Problem mit dem Abfluss! Jetzt ruf ich mal die Hausverwaltung an, wat da los is. Ich muss ja unten rein!“

Der Dachdecker telefoniert, vermittelt zwischen Hausverwaltung und Dame des Hauses, nach fünf Minuten ist man sich einig, dass ein neuer Termin vereinbart wird und der Schlüssel zur Wohnung mit dem Wasserschaden bei der Dame des Hauses zu jenem Zwecke deponiert wird, er tritt wieder ab.

Montag, 7. November 2005

Drum Pet


Gedankengang
Eine Schlange, eine Schlange. Warum bekam sie dieses Tier nicht aus dem Kopf? Es war ihr erster Gedanke und es war jener, der immer wieder kehrte, wenn sie über eine Snare, über den Klang einer Snare nachdachte. Er gefiel ihr nicht, dieser Gedanke, genauso wenig wie sie das Tier, wie sie Schlangen mochte. Diese beinlosen Wesen, die zischelnd auf dem Boden entlang oder von Bäumen herab gleiten, boten allenfalls im scharfen, schnellen Laut ihrer Zungen eine kleine, klitzekleine Ähnlichkeit mit jenen Tönen, die man mit einer Snare zu erzeugen vermag.
Ein Vogel könnte es sein, einer der verschiedene Tierstimmen imitieren kann, ein leises Zischeln, ein lautes Rasseln, ein dumpfes doch dröhnendes Schnarren. Vielleicht aber auch, dachte sie, ein Krabbeltier, ein kleines Tier mit vielen kleinen Füßen, ein Krabbeltier mit der Kehle eines Vogels, mit der schnellen Zunge einer Schlange, ihre raschelnden Bewegungen beim Gleiten über den Boden, durch Büsche hindurch mit kleinen, schnellen Schritten nachahmend. Ein Krabbeltier, das seine unzähligen Füße dazu einsetzen könnte, auf dem ausgetrockneten Boden eines Feldes einen dumpfen, tot klingenden Ton zu erzeugen, auf dem feuchten, Laub bedeckten Boden eines Waldes aber ein weiches Streichen, so, als würde man mit dem Besen über das Fell der Snare fahren.
Was immer es ist, es ist nie nur das, was es auf den ersten Blick zu sein scheint.

Gehörgang
Charly Antolini: Drum Pet (1966)

Freitag, 4. November 2005

Schaumschläger


Amüsant, überaus amüsant.
Leider.

Herz, Hirn, Handwerk









Bewundert, immer. Sehr.








Ich mag Stoff. Um zu sehen, wie er fällt, rolle ich immer ein paar Meter von der Bahn, dehne das Szenario künstlich hinaus, wenn ich merke, dass die Verkäuferinnen im Stoffgeschäft mich grimmig beobachten, weil sie so gar keine Vorstellung davon haben, was der Sinn meines Tuns sein könnte. Mag Stoffe, die echt sind, mag Leinen, mag Baumwolle, Schurwolle, Kaschmir, Wollfilz, mag Seide (da fällt mir ein: Seide ist eines jener Wörter, die Ende der 80er, Anfang der 90er gnadenlos missbraucht wurden, sogar heute noch zeigen sich bisweilen seidige Restspuren in einschlägigen Szene-Gefilden, jene Gefilde, in denen zwischen Eiche-Rustikal-3-Sitzer-Garnitur und Seidenlaken ordentlich das SchamTanzbein geswingt wird … aber das ist eine andere Geschichte …). Und weil ich diese Leidenschaft schon lange pflege, gehören zu den Dachboden-Schätzen, die noch bei meiner Mama weilen, neben einigen hundert Büchern auch einige Dutzend Stoffe.
Wann meine Leidenschaft begann? Ha! Das weiß ich genau, freilich, nicht nach Datum, aber den auslösenden Moment, den werde ich nie vergessen, schließlich prägte er mich und bescherte mir eine weitere Leidenschaft, eine, die man heutzutage mit dem Schimpfwort Hobby tituliert: Die Schneiderei.
Den halben Meter Leinen, weißes Leinen, reines Leinen, schweres Leinen, den ich mit zehn, elf Jahren im Schrank meiner Mutter fand, durfte ich nicht mit der Nähmaschine verarbeiten, so sehr ich auch bettelte, es hieß ich wäre zu klein (Lüge1: Ich war damals das größte Mädchen in der Klasse) und die Maschine zu schnell (Lüge 2: Das olle Ding brauchte eine Minute für zehn Zentimeter). Also nähte ich von Hand. Ein T-Shirt diente mir als Schnittvorlage, das Ergebnis hatte allerdings eher etwas von einem Sack, der zufälligerweise Löcher an den richtigen Stellen aufwies und daher als Kleidungsstück zweckentfremdet wurde, denn von einem selbst geschneiderten Etwas, auf das man auch nur ansatzweise hätte stolz sein können.
„Kauf dir eine Burda!“ sagte meine Mutter, trocken wie sie nun mal ist (und dafür, nicht nur dafür, liebe ich sie). Ich tat's, lernte das Lesen der Schnittmuster, lernte, wie man mit Seidenpapier, Schneiderkreide und Stecknadeln umgeht. Lernte, warum Stoffe eine Richtung haben, was ihre rechte und ihre linke Seite bedeutet und vor allem: wie man richtig bügelt, weil ohne bügeln, so las ich irgendwo in einem vergilbten Buch aus den 60er Jahren, kann man das Nähen auch gleich sein lassen.
Ich nähte und nähte und nähte, irgendwann endlich, endlich, als meine Eltern begriffen hatten, dass ich es ernst meinte und sie mir ein ordentliches Maschinchen kauften, an meiner eigenen Nähmaschine. Jacken, Hosen, Röcke, Kleider, Blusen, T-Shirts, Mäntel, ich glaube, als ich 15 oder 16 war, gab es bis auf Unterwäsche und Jeanshosen kein einziges Kleidungsstück in meinem Schrank, das nicht selbst genäht war. Ich nähte für mich, für Freunde, für ein Kindertheater, für zwei Bräute, für den Aenne Burda Preis.
Schneiderin wollte ich werden, eine ganz große, irgendwo in einem der Pariser Ateliers. Bis mich eine jener Damen, die ich so bewunderte, weil sie es in diesem Beruf geschafft hatten, mit diesen oder ähnlichen Worten ernüchterte: „Ganz groß im Sinne von namentlich bekannt werden nur wenige, aber die Industrie, die hat Bedarf an guten Leuten, wenngleich es davon auch viele gibt.“ Direktrice, beispielsweise bei Betty Barcley? Horror! Also schneiderte ich weiter, für mich, für Freunde, weniger wurde es mit der Zeit, weil es eben an jener mangelte, mehr und mehr, nach und nach.
Auch heute kann ich nicht an einem besonders schönen Stoff vorbeigehen, ohne wenigstens drei, vier Meter mit nach Hause zu tragen (zuletzt kaufte ich einen camelfarbenen Seidensatin mit der festen Absicht, ein Abendkleid zu nähen, bei der Absicht blieb’s. Zuletzt genäht habe ich, so mich die Erinnerung nicht trügt, eine Leinen-Pyama-Hose für einen Herrn, den ich sehr verehre, doch weil da die Passform noch ein wenig korrigiert werden muss und Schiesser offenbar sehr bequeme Hosen fertig, ist jene Hose das allererste Kleidungsstück, das ich für jemanden nähte und das nie getragen wurde.)
Die Freude, die Lust am Schneidern, an Stoffen bleibt. Immer.
Und nichts, nichts, beruhigt mehr die Wogen eines sich schwindelig denkenden Hirns als: Handwerk.

Donnerstag, 3. November 2005

Hymn of The Big Wheel

8.30 Uhr, 22 Kilometer, 200 km/h, 15 °C, CD 4 – Track 1, Bass +4, Ausfahrt 2.
Pelziges Gefühl im Hirn, kein Blick in den Rückspiegel, ein Wunsch im Kopf.


Weiter, immer weiter.

blogistin

Fantasie, Fiktion, Fraktales

Ich will ...

 

War was?

oha
oha
blogistin - 30. Mai, 15:37
… achach, ebenso, herz&gut. Wir...
… achach, ebenso, herz&gut. Wir sehn uns :-*
blogistin - 30. Mai, 15:36
baba
baba
boomerang - 30. Mai, 15:07
Ach, Du liebe herzensgute...
Ach, Du liebe herzensgute Frau...ich drück' Dich! :-*
Budenzauberin - 30. Mai, 14:58
au revoir
merci an die Knallgrauen für die hübsche Nische im...
blogistin - 30. Mai, 14:42
danke.
danke.
blogistin - 28. März, 18:25
Sekundenglueck 1:56
Nichts ist mehr wichtig. Und alles kann warten. (Danke...
blogistin - 14. März, 13:20
Danke, Dok!
Ich mag Authentizität, auch wenn ich das Adjektiv stets...
blogistin - 18. Oktober, 10:55
... gibt's so einen auch...
... gibt's so einen auch von montblanc?
timanfaya - 28. Februar, 15:27
Schöner Schimpfen 0212
Lieblingsschimpfwort Februar Lückenfüller
blogistin - 27. Februar, 14:43

Huch!

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